Bericht vom einem Streikbesuch

Von einer Kollegin aus Freiburg erhielten wir folgende Mail über einen Besuch bei den Streikenden in Düsseldorf.

Zwei Tage zum Streikbesuch in Düsseldorf

Im Vergleich zum Freiburger Streik empfand ich die Situation „peppiger“. Das wird schon daran liegen, dass in Düsseldorf (und Essen) nicht nur für die PflegerInnen gestreikt wird. Die ersten KollegInnen, die ich angesprochen habe, waren denn auch Maler, Informatiker, Transportdienst, Küche… Ausgelagerte Bereiche, momentan ohne Tarifvertrag, für die ebenso wie für die Pflege Forderungen zur Entlastung aufgestellt worden sind.

Ab halb acht trafen sich an den beiden Tagen 100-150 KollegInnen im Streikzelt; Streikerfassung, Infos der Streikleitung; viel Austausch unter den KollegInnen – aber zumindest an diesen Tagen keine gemeinsame Diskussion im Zelt.

An einem Tag Demo mit vier/fünfhundert Leuten zum Sitz der Landesregierung, um „Druck auf die Politik zu machen“. Die ver.di Ordner fordern die Leute auf, nicht nebeneinander, besser hintereinander zu gehen – sieht dann nach mehr aus….

Das verweist vielleicht auf ein Problem. Schon nach 2,5  Tagen scheint mir klar zu sein, dass hier, rund ums Streikzelt, der harte Kern ist, auch auf der Demo. Bei ca. 5500 ArbeiterInnen an der Klinik in Düsseldorf, nochmal so viele in Essen. Ver.di spricht von über 300 neuen Mitgliedern seit Beginn des Streiks; 2-3 geschlossene Bettenstationen, ca. 150 Betten, viele ausgefallene Operationen; Für die Küche bedeutet der Streik, das z.B., dass Catering Pakete  von der Klinik zugekauft werden
müssen, teilweise steht die mittlere Verwaltungsebene in der Küche…. Ein Informatiker erzählt mir, sein Schreibtisch laufe halt über, muss er eben nacharbeiten; Techniker berichten, ihre Schichten sind eh schon so dünn belegt, dass sie es grad schaffen, die Anlagen am Laufen zu halten. Die PflegerInnen sprechen davon, dass auf Stationen mit Teamgrößen von ca. 22 PflegerInnen im Durchschnitt 4-6 aktiv streiken, wenn es an die 10 sind, sei das top. Auch das wird was mit der Personalausstattung zu tun haben: für nicht wenige Stationen wird von einer zwei-zwei-zwei Besetzung gesprochen, also jeweils zwei examinierte Pflegepersonen für Früh-/Spät-/Nachtschicht (zum Vergleich: hier in Freiburg bei vergleichbarer Größe eher 4-3-1) Wenn du durch die Klinik gehst, „siehst“ du erstmal nichts vom Streik.

Natürlich schwierig, wenn du alleine durchgehst, dich nicht auskennst. Aber z.B. auch keine nicht geleerten Mülleimer, geschlossene Cafés……

Die KollegInnen sind (ohne den langen Vorlauf) seit Wochen im Erzwingungsstreik, Wochenenden ausgeschlossen. Ohne bislang ein Angebot zu haben. Zum Vergleich. Wir haben in Freiburg einige Warnstreiktage und ein paar Streiktage, keinen Erzwingungsstreik, gehabt – allerdings haben wir auch einen unbefriedigenden Tarifvertrag bekommen. Dieser Tarifvertrag wird zwar in NRW zum einen als Vorbild genommen, gleichzeitig von ver.di / dem Personalrat als „zu unverbindlich“ kritisiert.  „Unser“ Tarifvertrag in  macht ja eigentlich nichts anderes, als  auch die vom Arbeitgeber beklagte Personalnot  anzupacken – und lässt das wann, wie und wo letztlich in der Entscheidung des Arbeitgebers. Das wollen sie Düsseldorf anders machen.

Allerdings habe ich keine KollegInnen gefunden, die unseren Tarifvertrag kannten, bzw. traf das nur für ver.di Hauptamtliche und Personalratsleute zu….. Die ver.di Struktur soll  in NRW deutlich offensiver  („weit links“, wie einige Gesprächpartner formulierten) sein.  Bei vielen Fragen werde ich auch an den Personalratsvorsitzenden (ex DKP) verwiesen. In Freiburg hatte ich das Gefühl, das besonders bei den jungen Leuten, eine Distanz zur Gewerkschaft da ist. Weniger aus Gewerkschaftskritik, denn weil es für viele ihre erste Mobilisierung war, und die Gewerkschaft halt den Streik führt. In Düsseldorf hatte ich vielmehr den Eindruck, dass die Leute den Streik mit „ihrer“ Gewerkschaft und „ihren“ Leuten führen.

Mir ist allerdings nach den Gesprächen nicht ganz klar geworden, warum sich der Streik in NRW /Düsseldorf so lange ohne Ergebnis zieht:

• „Leere Kassen“ Zum einen wird die Situation von NRW eine Rolle spielen im Vergleich zu BA-WÜ – knappere Kassen, um es kurz zu fassen. Wobei sich streikende ArbeiterInnen davon ja nicht beeindrucken lassen müssen – gerade wenn sie wissen, wie in den letzten Jahren am Personal gespart worden ist
„Politisches Geplänkel“. Hier wird  – vom Arbeitgeber – immer auf die Zuständigkeit der TDL verwiesen, Tarifgemeinschaft deutscher Länder, der (Entgeld) Tarifvertrag ist auch mit der TDL. Die hat „ihren“ Krankenhäusern verboten „Entlastungstarifverträge“ abzuschließen, mit der Drohung an ver.di, sonst bei anderen Tarifverträgen auszusteigen. Dem ist Bsirske scheinbar zu Beginn des Jahres entgegengekommen, auch, weil sich gesetzliche Personalregelungen für den Krankenhausbereich anbahnen. So wurde uns in Freiburg erzählt, in den anderen Unikliniken würde dieses Jahr nichts mehr laufen. Könnte sein, dass sich die Situation in Düsseldorf/Essen aber nicht unterm Deckel halten lies. Die TDL hat scheinbar dann verschiedene Verhandlungen um andere Tarifverträge erstmal abgebrochen, und schaltet in Düsseldorf auf stur…

• Bleibt aber letztlich die Frage nach dem Streik, der Streikdynamik. Es wäre sicher falsch von einem „symbolischen Streik“ zu sprechen. Trotzdem erscheint es schwer, Wirkung zu erzielen, oder die Dynamik auszuweiten. Liegt das daran, dass nicht „alle“ mitstreiken (Können? Wollen?)!?

• Liegt das an den Besonderheiten eines Streiks im Krankenhaus (was ich im letzten Wildcat Artikel „objektives Problem“ genannt habe)!?

• Liegt es daran, dass eine zentrale Berufsgruppe  – die ÄrztInnen -neutral bis feindlich bleiben (Ausnahmen gibt es immer)!?

• Liegt es daran, dass  sich andere Krankenhäuser nicht beteiligen (auch wenn die Demos in Düsseldorf versucht haben, diesen Kontakt herzustellen)!?

• Liegt es daran, dass die Streiks in den Kliniken zeitlich nicht
koordiniert  verlaufen?

• Liegt es daran, dass die Streiks komplett unter ver.dis Kampagnenführung laufen (soweit ich weiß, gibt es bislang keine „Vernetzung von unten“….!?

• Liegt es dann, dass sich nicht andere Betriebe anschließen
(Solidaritätsadressen gibt es viele…)!?

• Oder auch daran, dass es schlicht zu defensiv ist, ein bisschen mehr Personal zu fordern?!

Entschuldigt, viele Fragen…

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