Uniklinikbeschäftigte in NRW stellen Ultimatum

Den Pressebericht über eine inspirierende Aktion von Kolleg:innen in Nordrhein-Westfalen halten wir für zitierenswert:

Tarifverhandlungen noch vor Landtagswahl :

Krankenhaus-Mitarbeiter setzten NRW ein Ultimatum

Rund 700 Beschäftigte der Unikliniken in NRW stellen der Landesregierung und dem Arbeitgeberverband ein Ultimatum: Noch vor den Landtagswahlen müsse es Tarifverhandlungen geben. Die Rede ist von einem regelrechten „Notruf“. Was die Mitarbeitenden genau fordern.

Alexa Schumann sagt, in ihrem ersten Ausbildungsjahr in der Uniklinik Düsseldorf sei sie auf die kardiologische Station gekommen und sofort für zwölf Patienten gleichzeitig zuständig gewesen. Genau sechs Monate habe sie zu diesem Zeitpunkt in der Klinik verbracht, erst zwei Schulblöcke hinter sich gebracht. „Man kann sich vorstellen, wie viel Wissen zu diesem Zeitpunkt in mir war“, sagt Schumann. Wenn die 24-Jährge von ihrer Ausbildung in der Pflege spricht, dann spricht sie von „Ausbeutung“, von einer Verantwortung, die aus ihrer Sicht nicht von Azubis getragen werden könne. Dass sich ihr Kurs innerhalb eines Jahres um die Hälfte reduziert habe, wundere sie deshalb überhaupt nicht. „Da hat das ganze Klatschen auch nicht mehr gereicht“, sagt Schumann. Sie fordert darum: Bedingungen, unter denen Azubis wie sie auch als qualifizierte Arbeitskräfte erhalten werden können. Eine Perspektive. Und vor allem: Entlastung.

Die 24-Jährige ist eine von rund 700 Beschäftigten aus den sechs Unikliniken in NRW (Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster), die am 19. Januar gemeinsam ein Ultimatum beschlossen haben. Sie fordern die NRW-Landesregierung und den Arbeitgeberverband des Landes (AdL) auf, sofort Maßnahmen gegen den Personalnotstand in den Kliniken einzuleiten. Das Ultimatum sieht eine Frist von hundert Tagen vor und endet am 1. Mai – also noch vor der Landtagswahl. (…)

Die Forderungen der Beschäftigten sollen dabei explizit nicht nur für die Pflegekräfte gelten, sondern für alle Beschäftigten im Krankenhaus. „Genügend Personal muss nicht nur in der Pflege vorhanden sein, sondern in allen Berufsgruppen“, sagte Katharina Wesenick,  Leiterin des Fachbereichs Gesundheit bei Verdi NRW. Die Arbeit im Krankenhaus sei Teamarbeit. Gebe es zum etwa zu wenige Reinigungskräfte, könne auch das Auswirkungen auf die Überlebenschancen der Patienten habe, wenn dadurch zum Beispiel die Klinik-Hygiene leide. Auch andere Mitarbeitendende – wie Krankentransporter, Servicekräfte oder Handwerker – seien essentiell für die Versorgung im Krankenhaus.

Den rund 700 Beschäftigten geht es bei ihren Forderungen nicht um mehr Gehalt. Es geht ihnen vor allem um einen Ausgleich für ihre Belastungen in Form eines Freizeitausgleichs, sollte der in den Kliniken festgelegte Personalschlüssel an mehreren Tagen nicht eingehalten werden können. (…)

Bessere Bedingungen seien möglich: In 16 Kliniken bundesweit gebe es schon entsprechende Verträge zur Entlastung der Beschäftigten. Der letzte wurde erst im vergangenen Jahr nach Streiks an der Berliner Uniklinik Charité und den dortigen Vivantes Kliniken vereinbart.

„Es gibt keinen Personalmangel und auch keinen Fachkräftemangel, sondern eine Berufsflucht, die politisch erzeugt wurde“, sagte Wesenick. Laut einer Studie der Hartmann Gruppe könnte sich rund die Hälfte der Pflegekräfte, die aus dem Beruf ausgestiegen sind, einen Wiedereinstieg vorstellen. (…)

Auch Lisa Schlagheck, Pflegekraft in der Chirurgischen Notaufnahme der Uniklinik Münster, berichtet von unterbesetzten Schichten und der Gewissheit, den Belastungen in der Klinik unter den aktuellen Umständen nicht länger standhalten zu können. „Die Arbeit laugt mich aus“, sagt sie. Die Streiks der Kollegen in Berlin im vergangenen Jahr hätten ihr jedoch Hoffnung gemacht, dass sich auch für sie etwas verändern könne.

rp-online 20.1.2022

Update vom 11.3.2022:

Auch Beschäftigte, anderer Kliniken solidarisieren sich mit unseren Forderungen nach mehr Personal und besseren Arbeitsbedingungen. Diese Unterstützung motiviert und stärkt uns nur noch mehr in unserem Anliegen. Denn wir in den Krankenhäusern wissen, dass sich etwas ändern muss!

Notruf NRW via twitter

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert