Im Ringen um Entlastungen für die Pflegekräfte hatten sich die Gespräche zwischen Landesregierung und Gewerkschaft am Dienstag bis in den Abend hineingezogen. Die Landesregierung sei bemüht, einen guten Kompromiss zu finden, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums am Dienstag.
KN 11.3.2020
Kommentar:
Der Streik, der niemals stattfinden sollte
Für einen Moment waren wir überwältigt von dem Kampfgeist, der sich am UKSH ausgebreitet hat und wir dachten, wer sollte uns nun noch stoppen? Eigentlich geht es um eine Auseinandersetzung zwischen Belegschaft und Klinikleitung. Die Gewerkschaft wäre dazu da, das Organisatorische zu übernehmen, sollte man meinen. Sie sollte Kampfmaßnahmen vorbereiten.
Die Belegschaft blieb jedoch weitgehend aussen vor, sowohl in der Planung, alsauch in der Durchführung. Wir wollen einfach klarstellen: Je größer der Druck der Belegschaft, desto besser kann das Verhandlungsergebnis werden. Ein Streik wirkt nur, wenn er auch weh tut. Ja, es würden auch die Patienten einen Streik zu spüren bekommen. Ein Streik wird aber nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen. Den sogenannten „Normalzustand“ müssen die Patienten Tag für Tag ausbaden. Patienten verstehen den Grund für Streikmaßnahmen. In anderen Städten gab es Solidaritätbekundungen von Patienten.
Es wurde verpaßt, mögliche Kampfmaßnahmen an der Basis vorzubereiten, es wurde versäumt sich z.B. mit Flugblättern an Patienten und Besucher zu wenden. Jetzt werden uns Verhandlungsergebnisse präsentiert und die sind natürlich vorbildlich und das beste was drin war. Dabei haben wir keine Ahnung, was am Ende eines richtigen Kampfes herausgekommen wäre.
Den Kolleginnen und Kollegen fehlt Kampferfahrung und oftmals sind sie gerade erst bei Verdi eingetreten. Die Spielregeln sind so: 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder müssen für einen Arbeitskampf stimmen (ohne daß dann unbedingt ein Streik herauskommt), wobei 25% genügen, um ein Verhandlungsergebnis genehmigt zu kriegen. Die dürfte Verdi wohl zusammenkriegen.
Der NDR berichtet:
UKSH-Konflikt gelöst: Entlastung für Pflegekräfte
Der Konflikt um eine Entlastung der Pflegekräfte am Universitätsklinikum (UKSH) in Kiel und Lübeck ist gelöst. Die Pflegekräfte am UKSH sollen unter anderem mehr Kollegen bekommen. Noch in diesem Jahr will die Klinik nach eigenen Angaben 180 neue Pfleger einstellen, in den kommenden drei Jahren sollen es insgesamt 430 werden. Darauf haben sich der Klinik-Vorstand, das Land und die Gewerkschaft ver.di geeinigt, wie am Freitag bekannt wurde.
Zusätzlicher freier Tag
Außerdem wurden feste Personaluntergrenzen auf den Stationen festgelegt. Können diese durch eine besondere Situation nicht eingehalten werden und die Pflegekräfte haben eine besonders stressige Schicht hinter sich, werden laut ver.di Listen geführt. Zehn belastende Schichten ergäben in Zukunft dann einen zusätzlichen freien Tag.
Das Verhandlungsergebnis muss noch von den ver.di-Mitgliedern abgesegnet werden. Die Mitglieder hatten sich in einer Urabstimmung Ende Februar für einen unbefristeten Streik ausgesprochen, sollte es keine spürbaren Verbesserungen geben.
NDR 13.3.2020
Das mag auf den ersten Blick halbwegs akzeptabel klingen. Dieses Verhandlungsergebnis wird jedoch keineswegs jetzt umgesetzt, sondern es wird langsam über die nächsten 3 Jahre eingeführt. Es war bisher üblich, daß Tarifverhandlungen jährlich geführt werden. Die Gewerkschaften sind jedoch -ohne es mit ihren Mitgliedern zu diskutieren- dazu übergegangen, Tarifabschlüsse mit einer dreijährigen Laufzeit zu unterschreiben. Das ist ein absolutes Unding! Damit unterschreibt eine Gewerkschaft ein dreijähriges Streikverbot! Wenn sich in der nächsten Zeit andere unhaltbare Zustände im Arbeitsalltag am UKSH einschleichen, ist es nicht möglich, ihnen mit Arbeitskampfmaßnahmen zu begenen. Es herrscht „Friedenspflicht“. Die Gewerkschaft hat damit ihre eigene Handlungsunfähigkeit festgeschrieben.
Das wird wohl nix mit dem Streik.
Verdi hat kräftig neue Mitglieder gewonnen. Die Mitglieder kriegen kaum mit, was Verdi entscheidet und warum. Es wurde viel versprochen, doch mehr als Gespräche hinter verschlossenen Türen haben wir nicht mitbekommen. Dass die Mehrheit der Verdi Mitglieder streiken will, interessiert scheinbar nicht.
Aus den Forderungen der Tarifkommission, über die bis Dienstag erfolgreich verhandelt werden sollen:
die Azubis haben ihre Forderungen eingebracht und bereits ein unterschriftsreifes Papier verhandelt (u.A.: mindestens 10% feste Praxisanleitung, Selbstbestimmung über 10 Tage des Urlaubsanspruchs sowie Planung der Praxiseinsätze durch die Akademie, um tatsächliche Ausbildung zu gewährleisten und nicht als Lückenbüßer eingesetzt zu werden)
Festlegung von Personalschlüsseln für die die bettenführenden Bereiche sowie OP und Anästhesie am UKSH (+430 VK) und dem ZiP, die bei Unterschreitung ein Konsequenzenmanagement/Belastungsausgleich auslösen. All das kann nun fertig ausverhandelt werden.
Zusätzlich 120 „Unterstützer“ (MFA / 1-jährige Pflegeausbildung) fest zugeordnet für die bettenführenden Bereiche sowie ein „Wiedereinstiegsprogramm“, um examinierte Pflegefachkräfte zurück an Bord zu holen.
Eine „Kommission Entlastung“, die die Einhaltung regelmäßig überwacht und auch im Konfliktfall zusammenkommt.
Für die nicht-pflegerischen Bereiche und Funktionsdienste gibt es bisher leider keine konkreten Lösungen. Eure Tarifkommission hat geschlossen deutlich gemacht, dass das die Bedingung für eine Einigung ist. Die Ministerin hat zugesagt, dass darüber verhandelt wird, damit es eine Entlastung für alle gibt.
Auf der facebookseite von verdi heißt es: „Einigung im Konflikt am UKSH!!! “
Eine Einigung ist es erst, wenn die Gewerkschaftsmitglieder dem Verhandlungsergebnis zugestimmt haben.
Wir wurden aber nicht befragt. Noch nicht einmal informiert. Auf facebook heißt es weiter lapidar: „In den kommenden Wochen werden die ver.di-Mitglieder nun über die Details informiert und es wird eine Mitgliederbefragung geben.“
Management, Land SH und Verdi sind in trauter Eintracht begeistert. Wir sind nicht gefragt:
Vor der Presse in Kiel bezeichnete Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) die Einigung als „echten Gewinn“. Der Vorsitzende des UKSH-Aufsichtsrats, Oliver Grundei, sprach von einem „weiteren Meilenstein für die Zukunftssicherung des UKSH“. Aus Sicht der Gewerkschaft Verdi ist die Vereinbarung „ein Leuchtturm im schleswig-holsteinischen Gesundheitswesen und hat das Potenzial, Geschichte zu schreiben“. „Es ist ein Riesenerfolg für alle Beteiligten“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Steffen Kühhirt.
https://www.ln-online.de/Nachrichten/Norddeutschland/Keine-Streiks-Einigung-am-UKSH